#Forschungsspecial: Sebastian Klob hat den Überblick auf der Weide
Mit #Forschungsspecial bieten wir Doktorandinnen und Doktoranden unseres Departments die Möglichkeit, ihre Forschungsthemen einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Trotz winterlichen Temperaturen begeben wir uns in diesem Interview auf die Kuhweide – und was das mit Elektrotechnik zu tun hat, erzählt uns Sebastian Klob vom Lehrstuhl für Informationstechnik (Kommunikationselektronik), kurz LIKE.
Kurzinfo:
Name: Sebastian Klob
Lehrstuhl: Lehrstuhl für Informationstechnik (Kommunikationselektronik), kurz LIKE
Forschungsgebiet: Effiziente Empfängersynchronisation mit Opportunitätssignalen
Lieber Herr Klob, bevor wir im übertragenen Sinn zur Kuhweide gehen – würden Sie sich bitte zuvor noch kurz vorstellen? Sie haben hier an der FAU Elektrotechnik studiert, ist das richtig?
Das ist richtig. Da meine jetzige Frau und ich damals in der Nähe zu unserer Heimat bleiben wollten, war für uns der Großraum Erlangen-Nürnberg als Studienort schnell festgelegt.
Und wieso haben Sie sich für das Studium „Elektrotechnik“ entschieden?
Auf den Studiengang Elektrotechnik bin ich eher zufällig gestoßen (lacht). Mir war klar, dass ich etwas im technischen Bereich machen möchte, war mir allerdings nicht genau sicher was. Ich habe mich dann etwas informiert und umgesehen, EEI hat mich dabei am meisten überzeugt, da man sich dort auch in verschiedene Richtungen spezialisieren kann.
Ich habe dann sowohl meinen Bachelor- als auch Masterabschluss im Fach Elektrotechnik-Elektronik-Informationstechnik (EEI) an der FAU gemacht. In beiden Studiengängen habe ich die Vertiefungsrichtung „Informationstechnik“ gewählt und habe auch meine Wahlmodule während des Masters hauptsächlich in diesem Bereich belegt, da mich die Kommunikationstechnik und Signalverarbeitung am meisten interessiert hat.
Wie kamen Sie dann an den LIKE?
Da ich bereits meine Bachelorarbeit am LIKE gemacht habe und ab dem 5. Semester bis Ende meines Studiums am Fraunhofer Institut IIS als Hiwi beschäftigt war, hatte ich schon länger Kontakt mit dem Lehrstuhl. Nach meiner Masterarbeit wollte ich in der Forschung bleiben und am LIKE wurde mir dann eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter angeboten, worüber ich mich sehr gefreut habe.
Ich arbeite seit November 2021 hier und seitdem auch an meinem Gebiet bzw. an dem Projekt WeideInsight.
Ihr aktuelles Forschungsgebiet ist „Effiziente Empfängersynchronisation mit Opportunitätssignalen“. Würden Sie für uns auflösen, was genau das mit Kühen und Weiden zu tun hat?
Gerne! Auf das Themengebiet bin ich im Rahmen des derzeit laufenden Projektes „WeideInsight“ gekommen. Zu meinem Start als wissenschaftlicher Mitarbeiter war klar, dass meine Arbeit im Rahmen dieses Projektes stattfindet. Dort beschäftigen wir uns mit der Lokalisierung von Milchkühen im landwirtschaftlichen Umfeld. Während andere Projektpartner sich u.a. mit der Lokalisierung im Stall auseinandersetzen, liegt der Fokus unserer Arbeit auf der Lokalisierung der Milchkühe auf der Weide.
Ich fand die Arbeit in diesem Bereich sehr ansprechend, einerseits aufgrund der dahinter liegenden Technologie, andererseits aber auch wegen der Anwendung zur Verbesserung des Tierwohls im landwirtschaftlichen Bereich. Mich fasziniert dabei neben der klassischen Ingenieursarbeit an unserem System auch etwas über Milchkühe und deren Verhalten zu lernen. Auch die Meinungen und Erfahrungen von Personen, die im landwirtschaftlichen Bereich arbeiten, geben uns dabei einen Einblick in ein Gebiet, mit dem ich vorher noch nie viel zu tun hatte.
Was genau erhoffen Sie sich also als Endergebnis Ihrer Forschung?
Mit unserer Forschung erhoffen wir uns ein effizientes und kostengünstiges Lokalisierungssystem zur Verfügung stellen zu können, das in verschiedensten Bereichen genutzt werden kann. Gerade wenn ein System auf den Markt gebracht werden sollte, spielt der Preis immer eine wichtige Rolle. Deshalb forschen wir nicht nur daran, wie wir eine möglichst genaue Synchronisation erreichen können, sondern wie wir diese auch möglichst effizient erreichen.
Sehr spannend! Aber Ihre Forschung wird nicht nur dabei helfen, die Kuh auf der Weide zu lokalisieren, oder?
Genau, allgemein formuliert lokalisieren wir verschiedene Sensorknoten, was in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden kann. In Lagerhallen können z.B. mit einem Sensor ausgestattete Gegenstände lokalisiert werden oder in meinem Fall sollen mit Sensoren ausgestattete Milchkühe auf einer Weide lokalisiert werden. Dazu wird eine Technik verwendet, die sich Time-Difference-of-Arrival nennt. An mehreren Empfangsstationen am Rande der Weide empfangen wir Nachrichten von den Sendern der Milchkühe. Durch die ermittelte Differenz der Ankunftszeit können wir daraus eine Position der Kuh bzw. des Senders bestimmen.
Um dies aber realisieren zu können, ist eine genaue zeitliche Synchronisation der Empfangsstationen notwendig. Aufgrund der Ausbreitung der gesendeten Nachrichten mit Lichtgeschwindigkeit resultiert ein zeitlicher Unterschied der Uhren in den Empfangsstationen von 1 Nanosekunde bereits in einem Lokalisierungsfehler von 30cm.
Das Phänomen findet sich auch an anderer Stelle im Alltag wieder. Man kennt das vermutlich von zuhause, wenn z.B. die Handyuhr 8:49 Uhr zeigt, die Uhr auf der Mikrowelle 8:51 Uhr und die Armbanduhr vielleicht sogar schon 9:50 Uhr, weil man sie noch nicht umgestellt hat. Möchte man Freunde treffen oder Termine einhalten, so sollten die Uhren bei allen am besten gleich laufen. Das gleiche Phänomen tritt nun auch bei der Lokalisierung auf, jedoch in einem anderen Maßstab. Während es für ein Treffen mit Freunden keine Rolle spielt, ob man eine Minute zu früh oder zu spät kommt, ist bei einem Lokalisierungssystem eine Genauigkeit im Nanosekunden-Bereich wünschenswert.
In meiner Arbeit beschäftige ich mich genau mit dieser Synchronisation der Empfangsstationen. Um dies zu bewerkstelligen verwenden wir Opportunitätssignale. Das sind Signale, die eigentlich für einen völlig anderen Zweck ausgesendet worden sind, wie z.B. DAB, LTE oder 5G, die man aus dem Alltag doch sehr gut kennt. Wir nutzen die Informationen in diesen Signalen um eine gemeinsame zeitliche Referenz für die Empfangsstationen bereit zu stellen, um dann eine genaue Lokalisierung durchführen zu können.
Wie spannend! Zum Abschluss noch eine Frage: wie sieht denn so Ihr durchschnittlicher Alltag als Doktorand aus?
Ich bin neben der Forschung auch mit der Lehre beschäftigt. So halte ich im Sommersemester eine Übung und im Wintersemester betreue ich ein Seminar. Ganzjährig betreue ich unser beliebtes Laborpraktikum „Pemsy“, in dem die Studierenden die Möglichkeit haben, selbst eine Platine zu löten und anschließend zu programmieren. Zusätzlich betreue ich Studierende bei ihren Abschlussarbeiten.
Was meine Dissertation angeht – bisher arbeite ich noch nicht sehr viel an meiner schriftlichen Ausarbeitung. Da meine Arbeit hauptsächlich softwarebasiert ist, programmiere ich sehr viel und implementiere dabei verschiedene Algorithmen und Lösungsansätze. Im Rahmen dessen recherchiere ich natürlich auch immer.
Also gehen Sie auch aktiv raus auf die Kuhweide?
Ja, neben der Arbeit am Computer müssen wir auch ab und an zu unserem Versuchsaufbau auf einen landwirtschaftlichen Betrieb fahren, um Verbesserungen zu installieren oder Reparaturen durchzuführen.
Lieber Herr Klob, vielen Dank für dieses sehr interessante Interview!
Weitere Infos zu WeideInsight
Weitere Infos zu WeideInsight gibt es hier: https://www.lfl.bayern.de/ilt/pflanzenbau/294170/index.php