#Forschungsspecial: Christoph Kammel und Weltraumradare

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Bild: Christoph Kammel / FAU

Mit #Forschungsspecial bieten wir Doktorandinnen und Doktoranden unseres Departments die Möglichkeit, ihre Forschungsthemen einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Wir sind sehr stolz auf die überwältigende Resonanz!

Weiter geht’s in unserer Reihe mit Christoph Kammel vom Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik (LHFT). Er beschäftigt sich im Rahmen seiner Promotion mit Weltraumradaren.

 

Kurzinfo:

Name: Christoph Kammel

Lehrstuhl: Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik (LHFT)

Forschungsgebiet: Entwicklung eines Radarsystems für Weltraumobjekte

 

 

Herr Kammel, bevor wir in die Forschungsarbeit gehen, können Sie uns ein bisschen was über sich erzählen? Sie sind ja sozusagen ein komplettes „EEI-Gewächs“.

Christoph Kammel: Sozusagen, ich habe sowohl den Bachelor- als auch Masterstudiengang Elektrotechnik-Elektronik-Informationstechnik (EEI) hier an der FAU absolviert. Im fünften Semester meines Bachelorstudiums habe ich mich für die Vertiefungsrichtung „Allgemeine Elektrotechnik“ entschieden und diese Richtung dann auch während meines Masterstudiums weiterverfolgt. Zur FAU bin ich ohne viele Zwischenstationen gekommen. Nach dem Abitur habe ich ein Praktikum am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig absolviert und im darauffolgenden Wintersemester direkt mit dem Studium begonnen.

 

Und wie kamen Sie zum Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik (LHFT)?

Christoph Kammel: Begonnen hat eigentlich alles mit meinem Interesse für Radare und Hochfrequenztechnik. Meine Begeisterung für das Themengebiet wurde vor allem durch die Vorlesung „Drahtlose Sensoren, Radar- und RFID-Systeme“ geweckt, die ich im letzten Bachelorsemester besucht hatte. Während meiner Bachelorarbeit über Phased-Array Antennen am Lehrstuhl für Technische Elektronik und einem sechsmonatigen Praktikum bei einer Industriefirma, bei dem ich aktiv an der Entwicklung von Automobilradaren mitwirken konnte, habe ich dann gemerkt, dass das genau das Fachgebiet ist, mit dem ich mich auch in Zukunft beschäftigen möchte. Um weitere praktische Erfahrungen im Bereich der Radar- und Hochfrequenztechnik zu sammeln, habe ich mich dann in meinem ersten Mastersemester dazu entschlossen, einen Studentenjob am LHFT anzunehmen. Aufgrund der interessanten Themengebiete und der sehr guten Arbeitsatmosphäre ging es für mich dort auch gleich mit dem Forschungspraktikum und der Masterarbeit weiter.

 

Wie genau kamen Sie dann zu Ihrem Promotionsthema?

Christoph Kammel: Was mir während meiner Zeit als Student am LHFT besonders gut gefallen hatte, war die Kombination aus Hardware- und Softwareentwicklung. Ich hatte mich während meiner Masterarbeit beispielsweise viel mit Lokalisierungsalgorithmen befasst, konnte im Rahmen meines Studentenjobs aber auch Platinen designen und bestücken. Da ich mich auch während der Promotion mit einer Mischung aus Hard- und Softwarethemen beschäftigen wollte, sollte das Thema möglichst aus dem Bereich der Systementwicklung stammen. Der konkreten Anwendung meines Themas stand ich zunächst recht offen gegenüber. Allerdings hatte mich das Themengebiet der Raumfahrt vor allem in meiner Kindheit schon immer fasziniert.

 

Ich musste nicht lange überlegen, als mir angeboten wurde, mich während meiner Promotion mit Weltraumradaren zu beschäftigen.Christoph Kammel

Mein aktuelles Forschungsthema lautet „Entwicklung neuartiger Radarsignalverarbeitungsalgorithmik zur Detektion und Charakterisierung rotierender Weltraumobjekte“. Begonnen habe ich mit der Arbeit an diesem Thema im Mai 2020.

 

Was genau ist das Ziel Ihrer Forschung? Welche Ergebnisse erhoffen Sie sich?

Christoph Kammel: Das Ziel meines Forschungsprojektes, an dem übrigens auch andere Projektpartner aus ganz Deutschland mitwirken, ist die Entwicklung eines Radarsystems, das Weltraumobjekte detektiert und verschiedene Kenngrößen, wie beispielsweise die Geschwindigkeit, die Abmessungen oder auch die Rotationseigenschaften dieser Objekte, ermittelt. Mit Hilfe dieser Informationen lassen sich die Bewegungen verschiedenster Weltraumobjekte über längere Zeiträume relativ genau vorhersagen, da die Objekte – anders als auf der Erde – kaum durch störende Einflüsse wie beispielsweise den Luftwiderstand beeinflusst werden. Die so gewonnenen Daten sind eine wichtige Voraussetzung, um später einmal automatisierte Andockmanöver im Erdorbit durchführen zu können. Eines der bekanntesten Anwendungsszenarien für diese Manöver ist sicherlich die automatisierte Beseitigung von Weltraumschrott. Als eine Art „Weltraummüllabfuhr“ docken die mit Radarsystemen ausgestatteten Raumfahrzeuge selbstständig an Schrottobjekte an und befördern sie auf niedrigere Umlaufbahnen, auf welchen sie innerhalb kurzer Zeit in der Erdatmosphäre verglühen. Aber auch andere Szenarien, wie beispielsweise die Wartung von Satelliten, sind auf diese komplizierten Andockmanöver angewiesen. Meine Aufgabe in diesem Projekt besteht in der Erforschung und Implementierung geeigneter Radarsignalverarbeitungsalgorithmen, die die gesuchten Objekt- und Rotationsparameter mithilfe der aufgenommenen Radardaten ermitteln.

 

Das heißt, Ihr Forschungsthema tangiert eher weniger den Alltag eines Durchschnittsmenschen.

Christoph Kammel: Nicht unbedingt. Meistens verbindet man mit dem Begriff der Raumfahrt bemannte Missionen, die größtenteils rein wissenschaftlicher Natur sind und unseren Alltag kaum beeinflussen, wie zum Beispiel die Mondlandung oder Einsätze auf der ISS. Oft vergisst man dabei, dass eine Vielzahl unserer Alltagsgeräte auf die Kommunikation mit Satelliten angewiesen sind. Nicht nur Fernsehübertragungen, Wettervorhersagen oder die Telekommunikation beruhen auf dieser Technik, auch eine Navigation per GPS im Auto wäre ohne Satelliten nicht möglich. Aktuell beobachten wir jedoch, dass die Menge an Weltraumschrott im Erdorbit kontinuierlich zunimmt. Das erhöht die Gefahr von Kollisionen auch mit intakten Satelliten dramatisch und stellt damit eine ernstzunehmende Bedrohung für einen Großteil unserer satellitenbasierten Systeme dar. Nachdem bei jeder Kollision weitere Trümmerteile entstehen, könnte es schon in wenigen Jahrzehnten zu einer Kettenreaktion kommen, die sowohl die bemannte Raumfahrt als auch den Betrieb von Satelliten für eine sehr lange Zeit unmöglich machen würde. Insofern ist die Beseitigung von Weltraumschrott Voraussetzung dafür, dass wir auch in Zukunft die für uns eigentlich schon unersetzlich gewordenen satellitenbasierten Systeme verwenden können.

 

Wie muss man sich als Laie die Arbeit an der Dissertation vorstellen? 

Der Zielsimulator (Bild: Christoph Kammel)

Christoph Kammel: Tatsächlich ist die Arbeit an der Dissertation ziemlich vielseitig. Einen Großteil der Zeit habe ich bisher wohl mit der Softwareentwicklung verbracht – sei es die Implementierung eines Simulationsprogramms zur Generierung realistischer Radardaten von Weltraumobjekten, die Entwicklung der Hardwareansteuerung meines Versuchsaufbaus oder der Entwurf der Signalverarbeitungsalgorithmen.

Auch die Konstruktion des Messaufbaus hat einige Zeit in Anspruch genommen. Mit Hilfe einer kardanischen Aufhängung, die aus zwei frei beweglichen Metallringen und mehreren Schrittmotoren besteht, kann ich beliebige Rotationen verschiedener Zielobjekte realisieren und diese anschließend unter Verwendung eines kommerziellen Radarsystems analysieren.

Während meiner Arbeit an der Dissertation sind natürlich auch immer wieder Literaturrecherchen notwendig. Vor der Entwicklung der Signalverarbeitungsalgorithmen habe ich mir beispielsweise einen Überblick über den aktuellen Stand der Technik verschafft und anhand einiger Quellen einen Lösungsansatz erarbeitet. Um möglichst realistische Simulationsdaten generieren zu können, musste ich außerdem die charakteristischen Eigenschaften verschiedener Weltraumobjekte, wie zum Beispiel die Formen, Abmessungen oder auch die Rotationseigenschaften, recherchieren. Entscheidend ist natürlich auch der Austausch mit den Kolleg*innen. Auch wenn wir alle unser eigenes Themengebiet behandeln, arbeiten wir doch sehr häufig im Team zusammen. Bei Problemen habe ich am Lehrstuhl bisher immer eine Person gefunden, die entweder direkt einen Lösungsansatz im Kopf hatte oder mir im Rahmen von zum Teil auch sehr langen Diskussionen weiterhelfen konnte. Die restliche Zeit habe ich dann vor allem mit der Betreuung von Studierenden im Rahmen von Abschlussarbeiten, Seminaren oder Praktika verbracht.

 

Vielen Dank für den spannenden Einblick und herzlichen Dank für das Interview!

 

 

Noch ein Blick in den Weltraum gefällig?

In dem Video „Ist da jemand? Auf der Suche nach außerirdischem Leben“ wirft der LHFT einen weiteren Blick ins Weltall.