Bundesweite Forschungs-Hubs für 6G-Mobilfunk gehen mit FAU-Beteiligung an den Start
Die 6G-Initiative ist ein wesentlicher Bestandteil des jüngst veröffentlichten Forschungsprogramms zu Kommunikationssystemen „Souverän. Digital. Vernetzt.“, mit dem das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den nächsten fünf Jahren bis zu 700 Millionen Euro in die Förderung innovativer Kommunikationstechnologien investieren wird.
6G wird die mobile Höchstleistungsdatentechnologie der Zukunft sein und unsere Kommunikation im nächsten Jahrzehnt noch einmal revolutionieren. Voraussichtlich schon ab 2030 wird es das zentrale Nervensystem unseres vernetzten Lebens bilden und uns – bei gleichzeitig höherer Energieeffizienz und Ausfallsicherheit – ermöglichen, Daten mehr als 100 Mal schneller zu übertragen als mit 5G.
Förderung für EEI-Lehrstühle
Nun hat das BMBF bundesweit vier Hubs zur Erforschung der zukünftigen Mobilfunkgeneration 6G ausgewählt und fördert diese mit insgesamt 250 Millionen Euro. An drei dieser Hubs ist die FAU beteiligt.
Der Forschungshub „Open 6G Hub“ wird vom BMBF in den kommenden vier Jahren mit rund 68 Mio. Euro gefördert. Knapp 5 Millionen Euro gehen an die FAU und die folgenden EEI-Lehrstühle: Lehrstuhl für Elektrische Smart City Systeme (Professor Norman Franchi), Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik (Professor Martin Vossiek) und Lehrstuhl für Technische Elektronik (Professor Robert Weigel). Koordiniert wird „Open 6G Hub“ vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).
Der Forschungshub „6GEM“ wird mit 43 Millionen Euro gefördert und von der RWTH Aachen koordiniert. An diesem Hub ist der Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik ebenfalls beteiligt. Der Forschungshub „6G-RIC“ wird vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) koordiniert und mit 70 Millionen Euro gefördert, wobei der Lehrstuhl für Digitale Übertragung (Prof. Robert Schober) der FAU mit knapp 1 Million Euro beteiligt ist.
Open6GHub
„Open 6G Hub“ integriert insgesamt 17 Universitäten und außeruniversitäre Forschungsinstitute. Das Konsortium betrachtet schwerpunktmäßig Anwendungsfelder mit sehr hohen Anforderungen an die Qualität und Sicherheit der Kommunikationstechnik: Hochvernetzte Produktion, zukünftige Mobilitätsszenarien, neue Lernwelten, personalisierte Medizin und vor allem die Interaktion des Menschen mit einer Vielzahl autonomer Fahrzeuge und Geräte sind Beispiele für eine Welt ab dem Jahr 2030, die durch 6G geprägt sein wird.
Weiterhin wird 6G absehbar auch eine Schlüsselrolle bei der forcierten Digitalisierung zum Zwecke der Nachhaltigkeit und der Umsetzung klimapolitischer Ziele spielen. Auch die gleichwertige Versorgung ländlicher Räume wird ein Ziel von „Open 6G Hub“ sein, wozu zum Beispiel 6G-Satellitenanbindungen untersucht werden. Technologisch ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) zur Effizienzsteigerung der Kommunikationsnetze und die Unterstützung von mobilen KI-basierten Diensten ein Schwerpunkt. Die Widerstandsfähigkeit der Kommunikationsnetze gegen interne und externe Störeinflüsse (Netzresilienz), der Schutz privater Daten und die automatisierte Unterstützung sich ändernder Netztopologien sowie die Integration von hochpräzisen Funkortungstechniken und radarbasierten sensorischen Fähigkeiten in die Kommunikationsnetzte für Smart-Factory- und Smart-City-Anwendungen sind weitere Arbeitsgebiete, mit denen sich das Konsortium beschäftigt.
„Open 6G Hub“ wird die entwickelten Experimentaleinrichtungen als offene Labore auch Dritten zur Verfügung stellen. Die FAU leitet das Arbeitspaket zum Thema „Adaptive 6G Radio Access Network-Architekturen, Features und Protokolle für 6G Industrial Radio und Campusnetze“, wobei die Forschungsarbeiten vom frisch an die FAU berufenen Inhaber des neuen Lehrstuhls für Elektrische Smart City Systeme, Herrn Professor Dr.-Ing. Norman Franchi koordiniert werden, dem damit ein erfolgreicher Start gelungen ist.
„Wir freuen uns darüber, dieses Projekt gewonnen zu haben und sind sicher, dass es ein wichtiger Eckpfeiler unserer gemeinsamen Forschung an der FAU werden wird. Unsere drei Lehrstühle erhalten gemeinsam knapp 5 Millionen Euro, und damit wollen wir uns insbesondere im Bereich 6G Industrial Radio und Campusnetze international an die Spitze setzen“, so Professor Franchi. „Wir haben das Ziel, Technologien und Funktionen für 6G-Radio (Air Interface) und 6G-Sensing zusammenzuführen, Joint (Radio) Communications & Sensing (JCAS) und neue Architekturen, Methoden und Protokolle zu erforschen, die auf die Anwendung für hochzuverlässige industrielle Funklösungen (6G Industrial Radio) sowie private und örtlich begrenzte Netze und Netzerweiterungen (6G-Campusnetze) ausgerichtet sind. Dabei wird die Nutzbarmachung der Frequenzbereiche Sub-6-GHz, 26 GHz bis THz adressiert“, so Professor Franchi weiter.
Professor Vossiek ergänzt: „Grundpfeiler dafür ist die Entwicklung einer skalierbaren 6G-Breitband-Testplattform für 6G-Kommunikationstrecken (Radio) und die sensorische Erfassung der Funknetzumgebung (Sensing). Wir erforschen Techniken, mit denen die Funkumgebung eines Netzes in Bezug auf aktive Funkvorgänge (Teilnehmer, unbewusste sowie bewusste Interferenzen) sowie funkunabhängige Kontexte (Objekte, Bewegung, Strukturen) analysiert und die Fähigkeiten der Kommunikation anwendungsspezifisch adaptiert und optimiert werden können“.
6G-RIC
Am Hub „6G-RIC“ sind insgesamt 11 Universitäten und 5 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen beteiligt. Das Ziel von „6G-RIC“ ist es, die technologischen Grundlagen für zukünftige Mobilfunkgenerationen zu legen. Dabei liegt der Fokus auf Technologien und Schlüsselkomponenten, die in Deutschland und Europa entwickelt und gefertigt werden, um so technologische Souveränität zu erlangen und Datensicherheit zu gewährleisten. Neben dem angestrebten Wachstum von Zukunftsbranchen wird so auch langfristig eine Gesellschaft sichergestellt, die souverän und nach Europäischen Wertvorstellungen leben kann.
„6G-RIC“ plant in diesem Zusammenhang Mobilfunksysteme mit über alle Technologiegrenzen hinweg offenen Schnittstellen zu entwickeln. Die FAU leitet das Arbeitspaket „Intelligente Funkumgebungen“. Während sich alle bisherigen Versuche die Leistungsfähigkeit von Mobilfunksystemen zu verbessern auf den Sender und/oder den Empfänger beschränkten und der Funkkanal selbst als „von Gott gegeben“ angesehen wurde, zeichnet sich bei 6G ein Paradigmenwechsel ab. Große reflektierende Oberflächen, deren elektromagnetische (EM) Eigenschaften extern gesteuert werden können, sollen in Mobilfunksysteme eingebracht werden, um die Eigenschaften des Kanals gezielt verbessern zu können. „Damit kann nicht nur die Datenrate erhöht, sondern auch die Sendeleistung und somit letztlich die elektromagnetische Strahlung reduziert werden“, so Professor Schober.
Technologischen Wandel gestalten
„Das BMBF nimmt rechtzeitig ordentlich Geld in die Hand, damit wir im Mobilfunk international wieder auf Augenhöhe mit den USA und Asien kommen und so den technologischen Wandel frühzeitig mitgestalten können“, führt Professor Weigel aus, und weiter: „Mit den 6G-Hubs können wir die Grundlagen dazu legen und wieder dahin kommen, wo wir mit 2G, d.h. mit dem GSM-Mobilfunk schon einmal waren – nämlich an die Weltspitze.“ Das BMBF wird noch dieses Jahr im Rahmen seiner 6G-Initiative reguläre Verbundprojekte mit Beteiligung der deutschen Industrie ausschreiben. „Auch hier werden wir dank unserer starken Kooperationsnetzwerke mit der Industrie wieder erfolgreich sein, da bin ich mir sicher“, sagt Professor Franchi voraus, und weiter.
„Open6GHub und 6G-RIC sind nur ein erster Schritt, um die FAU auf diesem außerordentlich wichtigen Zukunftsfeld stark und international sichtbar zu machen“.
Quelle: Lehrstuhl für Technische Elektronik / Pressemitteilung
PS:
Schon wieder kein Handyempfang?
Auf die Frage „Wieso habe ich schon wieder keinen Handyempfang?!“ gibt unser Beitrag zur Reihe „2 Minuten Wissen“ Antwort: